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KLG

Wolfgang Deichsel

Geburtstag: 20. März 1939
Todestag: 7. Februar 2011
Nation: Deutschland

von Michael Töteberg



Wolfgang Deichsel - Essay

Stand: 01.06.2011

Wolfgang Deichsels Thema waren die Katastrophen des Alltags, der Einbruch des Unbekannten, Unheimlichen in die Bürgerwelt, die plötzliche Irritation über eine bislang als normal akzeptierte Situation. Seine Figuren waren Kleinbürger, Angehörige der Mittelschicht, bei denen die tägliche Verdrängung nicht mehr funktioniert. Deichsel war Theaterautor: Er schrieb ausschließlich Dialoge und erfand szenische Konstellationen, bemüht um rücksichtslose Zuspitzung der dramatischen Situation, um Sprachwitz und Sinnlichkeit. Er verzichtete auf weitflächige Handlungsbögen und psychologische Charakterstudien. Die Fremdbestimmung des Menschen in der heutigen Gesellschaft zeigte Deichsel in einer nichtfinalen Dramaturgie – vor allem in „Frankenstein“, einem ab 1962 ständig überarbeiteten und erweiterten Szenenkomplex–, oder in vorgefundenen, meist der Subliteratur entnommenen Formen: Lokalposse und Farce, Science-Fiction und Horrorstoffe wurden ebenso nutzbar gemacht wie der hessische Dialekt. Widerstrebende Tenden­zen wurden gegeneinander geführt: die vertraute heimatliche Mundart mit Entsetzen und Chaos, Possenkomik mit Schreckensvisionen. „Je undurchschaubarer die gesellschaftlichen Zusammenhänge“, argumentierte Deichsel, „desto größer das Vergnügen an trivialen Geschichten“. Solche Dialektik wurde vom Autor funktional eingesetzt: Was wie ein urwüchsiger Mundartschwank aussieht, erweist sich als Attrappe eines bewussten Kunstprodukts.

Deichsel zitiert Trivialmythen als soziale Metaphern. Das spielerische ...



Der Artikel über Wolfgang Deichsel ist nur einer von derzeit mehr als 700 Artikeln über Leben und Werk herausragender deutschsprachiger Autoren im „KLG – Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur“. Das KLG bietet neben Biogrammen und ausführlichen Essays über Werk und Wirkung auch jeweils ein Werkverzeichnis und eine Bibliographie der Sekundärliteratur.
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