Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Hannes Krauss und Katharina Rieckhoff
Stand: 15.05.2021
In jenem Monat, da Wolf Biermann scheinbar endgültig aus ihr verbannt wurde, ist Uwe Kolbe in die Literatur der DDR eingetreten: Im November 1976 erschienen in der Zeitschrift „Sinn und Form“ fünf Gedichte des Neunzehnjährigen, die später Bestandteil seines ersten Buches wurden. Der Titel dieses Bandes („Hineingeboren“) hätte von einem Germanisten nicht besser erdacht werden können und ist zur Chiffre für eine ganze Autoren-Generation geworden. Hineingeboren in eine Welt der schwarz-weißen Denkschemata, greift Kolbe sie und ihre überkommenen Wurzeln an, indem er ernst nimmt, was im Grunde nicht mehr ernst genommen werden will. Am Ende des Gedichts „Male“, einer Auflistung konkreter, unabwendbar näherrückender Gewalt im Alltag, heißt es
Diese Frage – denn es ist eine Frage – wird scheinbar naiv gestellt. Dennoch bekommt sie hier die Dimension eines alttestamentlichen Aufschreis. Das Ich des Gedichts versteht die Welt nicht mehr: Die Realität paßt nicht auf die behauptete, ideologische Wirklichkeit. Noch wird gefragt, noch wird nicht angegriffen. Der Band dokumentiert die Weiter-Entwicklung sichtbar – durch die Anordnung der Gedichte in der ...