Selten ist ein Buch von der etablierten Literaturkritik so einmütig positiv aufgenommen worden wie seinerzeit Peter Schneiders Erzählung „Lenz“ (1973). Auch bei seinen eigentlichen Lesern, den sich undogmatisch verstehenden Linken, hat der „Lenz“ Begeisterung ausgelöst.
Ein junger Intellektueller namens Lenz läuft verstört durch die Straßen einer Großstadt und hinter Frauen her. Ohne Geldnot, mehr aus Neugier läßt er sich als Hilfsarbeiter in einer Elektrofabrik einstellen. Er beteiligt sich an einer Demonstration und desillusioniert dabei einen jugendlichen Steinewerfer. In der Betriebsgruppe kann er sich nicht auf einen erkenntnistheoretischen Text von Mao konzentrieren. Die Begriffe und Tonfälle seiner Genossen kommen ihm lächerlich vor. Lenz, der mit sich und den anderen nichts anzufangen weiß, bricht plötzlich aus und fährt nach Italien. In Rom trifft er auf eine bourgeoise KPI-Linke; Marxismus als Party-Geschwätz. Lenz reist weiter nach Trento; eine Umwelt von fast idyllischer Enge und vorindustrieller Nähe der Beziehungen. Hier, im Klima der norditalienischen Arbeiterkämpfe, umgeben von Solidarität und konkreten Aufgaben, findet Lenz zu sich selber. Die Synthese von materialistischer Theorie, entwickeltem Klassenkampf und persönlicher Bedürfnisbefriedigung währt freilich nur kurz. Lenz wird ...