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Nation: | Deutschland |
von Gisela Ullrich
Die Rezension eines Romans von Ingeborg Drewitz endet mit der Feststellung: „Kein großer Roman, aber ein kluges, nützliches Buch.“ Diesem Befund würde ich, selbst erweitert auf das Gesamtwerk, zustimmen, wenn darin nicht jene fatale Abwertung anklänge, die einer für ein breites Lesepublikum geschriebenen und von diesem verstandenen Literatur ästhetische Qualitäten absprechen möchte. Das Auseinanderfallen von Literatur und Gesellschaft bedauert Robert Prutz, Journalist und Schriftsteller, schon in einem Text von 1847, in dem es heißt, daß „die Unterschiede der Bildung, der Bruch zwischen Literatur und Leben, zwischen Autor und Publikum in Deutschland größer (ist) als irgendwo, und die deutsche Literatur sich einseitig auf eine abstrakte Höhe gesteigert (hat), wo sie wenigern verständlich ist und von wenigern genossen werden kann als irgend eine“. Ingeborg Drewitz bemüht sich, die heute immer noch vorhandene Kluft zu verringern und die Literatur – neben ihrer avantgardistischen und innovativen Funktion – als sozialpädagogischen Auftrag zu verstehen. Ich möchte sie eine leidenschaftliche Aufklärerin nennen, die sich an den Mittelstandsbürger wendet: nicht, um ihn zu bedienen, sondern um ihm gesellschaftliche und politische Gegenwartsprobleme und Strukturen durchsichtig zu machen, ...