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Nation: | Schweiz |
von Heidy M. Müller
Stand: 15.02.2016
Nach dem Vorbild der englischen Short Story beginnt Helen Meier stets in medias res und schließt vorzugsweise mit einer subversiven Pointe. Der Blickwinkel der Erzählinstanz ist dem Standpunkt der beschriebenen Person nahe; manche Erzählungen bestehen sogar ganz aus einem stream of consciousness. Durch die Wiedergabe von Sinneswahrnehmungen nicht nur visueller und akustischer, sondern auch olfaktorischer und taktiler Art konstituiert Meier einen hautnahen Mikrokosmos. Der Reichtum an Verben, die eine Bewegung oder eine sonstige Veränderung umschreiben, und die Reihung kurzer und längerer Sätze zu syntaktischen Gebilden von ungewöhnlicher Länge bewirken eine Atmosphäre explosiver Dynamik. Stromartige Sätze versinnbildlichen das Lebensgefühl der Gestalten, die bald von Lebenshunger und Aggressionslust, bald von Gefühlen der Lebensangst und Ohnmacht überwältigt werden.
Der Auftritt beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb im Jahr 1984 machte die damals 55-jährige Autorin jäh bekannt. Die mit dem Ernst-Willner-Stipendium prämierte und in „Trockenwiese“ (1984) veröffentlichte Erzählung „Lichtempfindlich“ besteht aus Momentaufnahmen der unbeholfenen Liebe eines geistig behinderten Schülers zu seiner Lehrerin. Sie durchleuchtet die Gefühlswelt, welche die Eifersucht im Gemüt des Abgewiesenen auslöst. Auch andere Geschichten in diesem Sammelband porträtieren die Innenwelt ...