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Nation: | Deutschland |
von Petra Günther
Stand: 01.06.2008
Esther Dischereit hatte zunächst ein Kinderbuch vorgelegt – „Anna macht Frühstück“ (1985) schildert die Schwierigkeiten eines kleinen Mädchens, ein Frühstück zuzubereiten –, bevor sie mit „Joëmis Tisch“ (1988) schriftstellerisch an eine breitere Öffentlichkeit trat.
Der vom Verlag mit dem Untertitel „Eine jüdische Geschichte“ versehene Prosatext beginnt mit den Sätzen: „Da sitze ich auf diesem blöden Drehstuhl. Nach zwanzig Jahre Unjude will ich wieder Jude werden. (…) Das Kainsmal der Geburt, vergessen unter Wassern von Sozialismus, schimmert es durch meine Haut.“ „Joëmis Geschichte“ erzählt jedoch keineswegs geradlinig aus der Ich-Perspektive eine jüdische Geschichte, sondern der Text zerfällt in beinahe fünfzig Abschnitte, darunter Interviews, Reiseeindrücke, Briefe, Erinnerungen. Geschlecht, Name, Identität der Ich-Instanz werden bewusst unsicher gehalten, die zeitliche Orientierung wird dem Leser erschwert. Dennoch kristallisiert sich nach den Anfangssätzen die Frage jüdischer Identität als zentrale Thematik von „Joëmis Tisch“ heraus. Es geht in diesem Buch wesentlich um die Konfrontation überlebender und nachgeborener Juden mit dem Tätermilieu in Deutschland, insbesondere auch um das Verhältnis einer Tochter zu ihrer jüdischen Mutter, die das „Dritte Reich“ im Versteck überlebt hat. Das Ich des Textes erlebt, wie sein ...