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Nation: | Österreich |
von Bernd Witte
Elias Canetti gehört zur Generation der Autoren, die unter den extremen historischen Bedingungen der frühen dreißiger Jahre zu schreiben begonnen haben und deren erste wesentliche Werke noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erschienen. Dennoch hat es bis zur Mitte der sechziger Jahre gedauert, bevor sein Werk von der literarischen Öffentlichkeit in Deutschland überhaupt zur Kenntnis genommen wurde. Der Roman „Die Blendung“ war inzwischen in der dritten Auflage erschienen, nachdem die beiden ersten so gut wie keine Resonanz gefunden hatten. Diese verspätete und äußerst zögernde Rezeption ist einerseits eine Nachwirkung der durch den Nationalsozialismus erzwungenen Emigration nach England, wo die Bedeutung seiner beiden Hauptwerke von der Kritik denn auch sehr viel früher gewürdigt wurde als im deutschen Sprachraum. Zu den Verständnisschwierigkeiten mag auch der Eindruck der Diskontinuität seines Werkes beigetragen haben, in dem ein Roman scheinbar unvermittelt neben einer sozialphilosophisch-anthropologischen Abhandlung, Dramen neben Aphorismen und Essays stehen. Der tiefste Grund des zeitgenössischen Unverständnisses aber ist in den moralisch strengen, ja unerbittlichen Maßstäben zu suchen, die Canetti an sein eigenes Schreiben anlegte, und in der kompromißlosen Schroffheit, mit der er ...