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Nation: | Deutschland |
von Harro Zimmermann
Stand: 01.06.2006
Eberhard Hilscher erfreute sich zeitlebens der ‚Auszeichnung‘, niemals eine solche durch das SED-Regime empfangen zu haben oder ihrer auch nur für würdig befunden worden zu sein. Im Rechtfertigungs- und Entlarvungskarussell deutscher (Kultur-)Wende-Kalamität nach 1989 spielte er keine Rolle, weil er in konsequenter Distanz zum Kartell der realsozialistischen Zwangsbeglückung gelebt hatte. Der germanistische Zögling der Humboldt-Universität war geduldet, aber keineswegs beliebt bei den regierenden Kulturvögten, die seine gelehrte und an den Traditionen deutschen und europäischen Geistes geschulte ‚formalistische‘ Schreibart nicht goutieren wollten. Im Schriftstellerverband der DDR hielt es Hilscher aus sozialer Notwendigkeit, wenngleich dieser vielarmige Versorgungsmoloch ihm wenig hilfreich war. Das hat ihn immer wieder vor Probleme gestellt, aber auch vor manchem bewahrt – vor dem Zwang zur offiziellen Kultur-Repräsentation und vor jeglichem Stasi-Anerbieten. Hilscher hatte der staatlichen Zensurbehörde schon 1955 eine umfängliche Studie über Thomas Manns Josephsromane vorgelegt, die – vom verehrten Autor als ‚ausgezeichnet‘ beurteilt – offiziell mit dem Prädikat ‚unmarxistisch‘ abgelehnt worden war. Auch später haben Hilschers belletristische und literarhistorische Arbeiten, die mit dem Eichmaß schdanowscher Ästhetik und proletarischer Klassen-Helden-Feier nichts, mit einem „polyhistorischen Essayismus“ ...