Geburtstag: | |
Nation: | Deutschland |
von Pia‐Elisabeth Leuschner
Stand: 15.05.2016
„Ach, ich habe nichts mehr, kaum ein Leben, / nur noch Angst.“ Bereits durch ihre Erstveröffentlichung, die mit diesen Versen endet, erlangte Dagmar Nick – als 19-Jährige – schlagartig deutschlandweite Anerkennung und benannte zugleich das konstanteste Motiv ihres Werks. „Flucht“ war das Gedicht überschrieben, das am 18. 10. 1945 in der ersten Nummer der Münchener „Neuen Zeitung“ erschien und von deren Feuilletonchef Erich Kästner als Hoffnungszeichen für die Fruchtbarkeit junger Talente in der anbrechenden Ära begrüßt wurde. Bald druckten viele der neu gegründeten Zeitschriften („Ruf“, „Fähre“, „Karussell“, „Das goldene Tor“) Nicks Gedichte, die Kritik rühmte sie wegen ihres Ernstes, ihrer Reife und Leidenschaft; in Gunter Grolls Anthologie „De profundis“ (1946) der vormals zensierten und ungehörten Stimmen ist sie die jüngste Autorin.
Schon früh von beiden Eltern zu liebender Vertrautheit mit Musik und den lyrischen Qualitäten der Sprache (insbesondere der Texte des deutschen Kunstlieds) geführt, soll sie erste Gedichte erfunden haben, ehe sie schreiben konnte. In ihrer Schulzeit las sie fasziniert im Alten Testament, in Bann geschlagen von der Erzähldrastik und Farbigkeit des Lutherdeutschen, und verfasste als 14-Jährige erste Sonette und ein Oratorien-Libretto ...