Ein Leben mit Morbus Crohn steht im Mittelpunkt von Claudia Storzʼ erstem Roman „Jessica mit Konstruktionsfehlern“, der 1977 im gleichen Jahr wie die Krankenberichte „Mars“ von Fritz Zorn und „Der Hunger nach Wahnsinn“ von Maria Erlenberger erschien.
Nach einer misslungenen Operation erfährt Jessica die Stigmatisierung durch die Krankheit nicht nur deutlich sichtbar als blutig zerfressene Wunde unter ihrem Bauchnabel, sondern die komplizierte und aufwendige Versorgung des anus praeter diktiert ihren Lebensrhythmus. Die Krankheit wird zum Synonym für Hilflosigkeit, Kränkung und Einsamkeit, als ihr Freund Rafi nach einem Jahr aus dem Teufelskreis von Verbandwechsel, Diät und Koliken ausbricht. Über die Einstellung der Öffentlichkeit gibt ein Zeitschriften-Artikel ein beredtes Zeugnis. Hier liest Jessica von einem jungen Amerikaner, der ihr Schicksal teilt und deshalb „schon einen Platz in einer Sterbeklinik reserviert“ hat. Morbus Crohn wird zur Metapher für einen frühen Tod, auf den die Gesellschaft mit Tabuisierung und Ausgrenzung reagiert.
Auch Jessica empfindet dieses Leben als defizitär. Der Roman bietet zwei Alternativen, mit diesem Problem umzugehen. Zum einen orientiert sich Jessica an Menschen, „die rücksichtslos gesund sind“. Ein Gefühl von Unabhängigkeit ...