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Nation: | Deutschland |
von Timothy Kyle Boyd
Mit ihrer ersten Erzählung „Die Verweigerungen der Johanna Glauflügel“ schrieb Birgit Pausch 1977 den ersten „Text der ,Frauenliteratur‘, der nicht aus der Ich-Perspektive erzählt ist“ (Weigel, S.67) – ein formal-technischer Hinweis auf eine Abseitsposition, die sie mit ihrem Schreiben immer grundlegender eingenommen hat. In ihren Erzählungen stellt Pausch die allmähliche Bewußtwerdung einer Frau dar, die sich kritische Wahrnehmungsmöglichkeiten erarbeitet und zur Enträtselung einer negativ auf sie einwirkenden Ordnung einsetzt. Ihre Protagonistinnen erproben Spielräume radikaler Subjektivität im Kontext einer regressiven sprachlichen und politischen Wirklichkeit. Pausch entwirft ein Konzept von „Emanzipation“, das nur bedingt mit „feministischer“ Kritik am Patriarchat verträglich ist, und setzt statt dessen auf eine die Geschlechtertrennung übergreifende Einsicht in eine ,katastrophale‘ Dimension der Nach-Moderne.
Für Johanna Glauflügel drückt sich die ,Katastrophe‘ in jedem Bereich ihres alltäglichen Lebens aus. Bei ihrer Arbeit als Krankenschwester erlebt sie, wie eine Frau, die bei der Massenherstellung von Schokolade am Fließband zu Grunde gegangen ist, von Ärzten ebenso fließbandartig abgefertigt wird. Der zynische Kommentar der Ärzte zum Fall der verstorbenen Frau entspricht einem fatalistischen Rollenkonzept, das Glauflügel von ihrem Ehemann her gut kennt: „Sie müssen sich nicht ...