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Nation: | Deutschland |
von Hans-Rüdiger Schwab
Stand: 01.11.2004
Früh machte Albert von Schirnding als Lyriker mit ungewöhnlicher Sprach- und Formbegabung auf sich aufmerksam. „Falterzug“ (1956), das Debüt des 21-jährigen, dessen Drucklegung Georg Britting vermittelte, wurde von Erhart Kästner als Anzeichen der Überwindung einer zunehmend leer laufenden Hermetik des deutschen Gedichts begrüßt. Gegen den Trend der zeitgenössischen jungen Lyrik gerichtet, bezeugen die überwiegend melodiösen Reimstrophen auch der Folgebände „Blüte und Verhängnis“ (1958) und „Aug in Aug“ (1962) mit dem Willen zur Gefühlsaussprache zugleich Schirndings Bezogenheit auf die Semantik der naturmagischen Moderne. Vorherrschend ist die suggestive Beschwörung der erfüllten weniger als einer verheißenen, bedrohten oder vergangenen Liebe mit symbolischer Sinnfälligkeit. Dieser Themenkreis wird zur Chiffre für das Streben nach einem Zustand jenseits der Individuation, nach Einheit mit allem Lebendigen, in dem sich ein vorausgesetztes Seinsmysterium erschließt. Wo diese Bewegung misslingt, vermag die Melancholie sanft ins Surreal-Märchenhafte auszugreifen: „War Blatt, / das dich kühlte. / War Hand, / die dich fühlte. // Bin Stein, / wenn du gehst. // Wächst Gras über mich, / wäscht Regen mich rein, / kommt Kummer geflogen, / wetzt den Schnabel am Stein.“
Ab Mitte der ...