Geburtstag: | |
Todestag: | |
Nation: | Polen |
von Dietrich Scholze
“Normalerweise ist uns nichts gesicherter als das Gefühl unseres Selbst, unseres eigenen Ichs.” Dieser Satz aus Sigmund Freuds Essay “Das Unbehagen in der Kultur” (1930) darf als eine Grunderfahrung des Polen Witold Gombrowicz betrachtet werden, die sich auch in seinem literarischen Werk deutlich niedergeschlagen hat. Das mächtige “Über-Ich” vorausgegangener Kulturentwicklung bedrückte den Schriftsteller. Er sah nur einen Ausweg: sich im eigenen Ich zu bestätigen, es ins Riesenhafte zu steigern, zu hypertrophieren. Andererseits erzeugte die empfundene Winzigkeit ein Bedürfnis nach Kontakt, nach Austausch und Ergänzung. Der Brückenschlag zum anderen Menschen freilich verlangte eine äußere “Form”, die die individuellen Gefühle und Verhaltensweisen steuerte. “Form” (für Schiller verwirklichte sich im “Formtrieb” der menschliche Geist überhaupt) war für Gombrowicz die zentrale Kategorie seiner Welt- und Kunstanschauung, und er erkannte sie in doppelter Gestalt an: als (innere) Subjektform und als soziale Konvention. Da jede Form den Menschen unweigerlich determiniert, suchte Gombrowicz sie zugleich zu nutzen und sich ihr zu entziehen.
Es ist gewiß berechtigt, darin einen existentialistisch geprägten, subjektivistischen Ansatz zu sehen. Gombrowicz nahm in manchem die Philosophie Sartres vorweg, auch er identifizierte das Ich ...