Vikram Seth

Vikram Seth ist einer der vielseitigsten englischsprachigen Dichter und Romanschriftsteller der Gegenwart. Obwohl er sich selbst in erster Linie als Lyriker betrachtet, sind es vor allem seine Romane, die ihn bekannt gemacht und ihm Bezeichnungen wie „der indische Tolstoi“ oder Vergleiche mit Walter Scott und George Eliot eingetragen haben. Im Unterschied zu Seths Gedichten sind seine Prosawerke weltweit verbreitet und in viele Sprachen übersetzt worden.

Da Seth sich mit jeder Veröffentlichung neu erfunden hat, entzieht sich seine Literatur einer eindeutigen Klassifizierung oder Kategorisierung. Seth gehört aufgrund seiner indischen Herkunft zu denjenigen Gegenwartsschriftstellern, die vor allem im Zusammenhang der postkolonialen Literatur diskutiert werden. Versuche, ihn dort neben Autoren wie Salman Rushdie oder Anita Desai einzuordnen, stoßen jedoch auf Schwierigkeiten: Seine Bücher spielen nicht nur in Indien, sondern auch in China, den USA, England oder Deutschland. Einer seiner Romane enthält keine einzige indische Figur; ein anderer wurde als großer kalifornischer Roman gefeiert. Seth selbst hat sich in Interviews gegen die Vereinnahmung seiner Werke durch die akademische Literaturwissenschaft gewandt, deren Fragestellungen ihm als Laien fremd seien; ein Großteil der Gegenwartsliteratur sei kaum noch mehr ...