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Nation: | Irak |
von Stephan Milich
Stand: 01.10.2006
Als Dichter des Alltäglichen, des Kontemplativen und der leisen Töne gehört Saʿdī Yūsuf seit den späten 1960er Jahren zu den formal experimentierfreudigsten und produktivsten Lyrikern der arabischen Welt. Die poetische Betrachtung unscheinbarer Details und Alltagssituationen resultiert dabei unmittelbar aus dem Exilleben. Die Lyrik Yūsufs ist zugleich stark autobiografisch und autografisch gefärbt, sodass sich von einer „Poetik des alltäglichen Exils“ (Milich 2009) oder einer „Poetography“ (Antoon/Money 2012) sprechen lässt, in der die Welt poetisiert und die Dichtung zugleich wirklichkeitsnah und prosaisch werden.
Die literarische Szene des Irak betrat Yūsuf mit seinem zweiten Gedichtband „Uġnīyāt laisat lil-Āḫirīn“ (Lieder, nicht für andere bestimmt, 1955), doch erst mit Erscheinen seines dritten Bandes „51 Qaṣāʾid“ (51 Gedichte, 1959) wurde er als eigenständige Stimme unter den auf die Šuʿarāʾ ar-rawwād (Dichterpioniere) folgenden nachavantgardistischen Lyrikern wahrgenommen. Zahlreiche Vertreter der arabischen Moderne studierten damals ebenso wie Saʿdī Yūsuf im anregenden Umfeld des Bagdader Lehrerbildungsinstituts, das 1947/48 zum Schauplatz einer Revolution der arabischen Gedichtform geworden war. Lyriker wie Badr Šākir as-Sayyāb (1926–1964) und Nāzik al-Malāʾika (geb. 1923) hatten Ende der 1940er Jahre mit der Tradition des ʿAmūd ...