Geburtstag: | |
Nation: | Libanon |
von Angelika Neuwirth
Stand: 01.03.2004
Rašīd al-Ḍaʾīf begann seine schriftstellerische Tätigkeit als Lyriker. Drei schmale Bände mit kontemplativen Gedichten, oft auf wenige Aphorismen beschränkt, wurden zwischen 1979 und 1992 veröffentlicht. Obwohl sein poetisches Talent früh anerkannt wurde, so dass bereits seine erste Gedichtsammlung von der französischen Übersetzung eines beeindruckten Kritikers begleitet erscheinen konnte, ging er nach der Publikation seines zweiten Lyrikbandes, auf dem Höhepunkt des Bürgerkriegs, bewusst zur ausschließlichen Prosaschriftstellerei über, in der Überzeugung, dass die nun anstehende Auseinandersetzung mit den katastrophalen Verhältnissen keine weitere Dichtung erlaube. Ḍaʾīf gilt daher vor allem als Prosaschriftsteller, er ist einer der bekanntesten arabischsprachigen Romanciers der Gegenwart. Seine Sprache, ein leicht dialektgefärbtes Hocharabisch, sein Stil, der zeitweise in eine Art Gesprächston verfällt, und seine Technik, den Leser immer wieder in seinen Text einzubeziehen, machen die Lektüre von Ḍaʾīfs Texten zu einem ungewöhnlich persönlichen Erlebnis. Ḍaʾīf zählt überdies zu den erfolgreichsten Autoren des arabischen Nouveau Roman. Einige seiner Romane geben keinen referenziellen Verständnisrahmen an, einige kommen mit anonymen Protagonisten und mit Figuren ohne feste Geschlechtszugehörigkeit aus. Andere geben sich zwar autobiografisch, verzichten aber auf die psychologische Ausfüllung der den Erzähler umgebenden ...