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Nation: | Rumänien |
von Ernest Wichner
Stand: 01.04.1993
Der Lyriker Mircea Dinescu galt seit seinen ersten Veröffentlichungen zu Beginn der siebziger Jahre als enfant terrible der rumänischen Lyrik. Er schrieb bei allem Bilder- und Metaphernreichtum seiner Gedichte in einer unprätentiösen, kraftvollen Sprache (er thematisierte vor allem die Melancholie des Abschieds von einer nur scheinbar heilen Welt der Jugend) und verfügte darüber hinaus über Humor, Ironie und Selbstironie. Mit spielerischer Leichtigkeit beherrschte er die traditionellen Formen des Gedichts; Reim und Rhythmus klangen originell und volkstümlich zugleich. Mircea Dinescu hatte an die Tradition der verspäteten rumänischen Klassik des 19.Jahrhunderts (Mihai Eminescu) angeknüpft, deren Pathos, ihr auf Transzendenz zielendes Sprechen jedoch in eine moderne Volkstümlichkeit umgewandelt und dem klassizistisch Wohlgefügten einen schnoddrigen, ungehaltenen, mitunter zornig wirkenden Sprachgestus implantiert.
Im Gedichtband „Proprietarul de poduri“ (Der Besitzer der Brücken) von 1976 werden zwei für das spätere Werk Dinescus wesentliche Merkmale sichtbar: thematisch die Hinwendung zum Politischen, zur Kritik an der sich verfestigenden Diktatur und der damit einhergehenden Barbarisierung aller Aspekte des gesellschaftlichen Lebens und stilistisch eine starke Vorliebe für surrealistische Bilder, für einen Surrealismus als literarische Technik, die (als Sklavensprache getarnt) durch die Weite ...