Von Thomas Kullmann
Der Begriff ‘englische Literatur' ist nicht unproblematisch. Anders als etwa bei der französischen, italienischen oder deutschen Literatur wird meist nicht die gesamte Literatur in englischer Sprache unter diesem Begriff zusammengefaßt. Gemeint ist vielmehr in der Regel die Literatur einer Nation, Großbritanniens. Dieser englischen Literatur stehen die amerikanische Literatur (d.h. die Literatur der USA), die anglo-irische Literatur sowie die neuen englischsprachigen Literaturen Kanadas, der Karibik, Afrikas, Indiens (mit Pakistan und Bangladesh), Australiens und Neuseelands gegenüber. Eine Untersuchung der englischen Literatur im engeren Sinn setzt die Annahme voraus, daß kulturelle Einheiten nicht allein durch ihre Sprache zu definieren sind, sondern auch auf geographischen und politischen Gegebenheiten beruhen. Auf das Großbritannien der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg trifft dies sicher zu. Die nach 1945 entstandene englische Literatur läßt sich in aller Regel jenen politischen und kulturellen Erfahrungen zuordnen, die Großbritannien in der Nachkriegszeit prägten, auch wenn die Bezüge etwa zur amerikanischen Literatur infolge der gemeinsamen Sprache sicher intensiver sind als die zur französischen oder deutschen Literatur.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor Großbritannien seine vormalige politische und ökonomische Führungsrolle. Maßgeblichen Anteil am Niedergang der britischen Weltmacht hatte der Verlust des Kolonialreichs, insbesondere Indiens,
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