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Nation: | Russland |
von Klaus-Peter Walter
Stand: 01.04.1992
Die deutschsprachige Rezeption Daniil Granins war bis in die achtziger Jahre hinein fast völlig auf die frühere DDR beschränkt gewesen; dort war Granin als Autor präsent, wurde verlegt, intensiv rezensiert, zum Teil kontrovers diskutiert und häufig interviewt. Romane und Erzählungen, die in der Bundesrepublik – meist als DDR-Lizenzen und in linken Verlagen – erschienen, wurden weniger als eigenständige literarische Kunstwerke zur Kenntnis genommen, sondern dienten dazu, gesellschaftliche Zustände und Wandlungen in der UdSSR zu erkennen und zu benennen. So wurde beispielsweise die Erzählung „Die eigene Meinung“ (Zeitschriftenabdruck 1956) dem bundesdeutschen Publikum zunächst nicht in einer literarischen Anthologie vorgestellt, sondern in „Osteuropa“, der „Zeitschrift für Gegenwartsfragen des Ostens“ (1957, S.335–346). Granins Themen und sein Selbstverständnis als Autor sind für diese Rezeptionsweise mitverantwortlich: Seit den fünfziger Jahren bekleidet er hohe Ämter in den Schriftstellerverbänden Leningrads und der Sowjetunion. Er versteht seine Arbeit als Beitrag zum Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft; in diesem Sinne hat die östliche Kritik Granins Werke bisher aufgenommen, indem sie regelmäßig gesellschaftliche Erscheinungen im Sozialismus mit seiner literarischen Darstellung verglich und deren soziale Relevanz und Legitimität ausführlich erörterte ...