Geburtstag: | |
Nation: | Frankreich |
von Monika Neuhofer
Stand: 01.06.2012
In dem Roman „Die Türen von Gubbio“, mit dem Danièle Sallenave 1980 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, gestaltete die Autorin ein Sinnbild, das als wegweisend sowohl für ihr literarisches Schreiben als auch für ihr Literaturverständnis gelten kann: Die mittelalterlichen Häuser des umbrischen Städtchens Gubbio haben zwei Türen, eine breitere und eine schmälere; die eine dient den Lebenden als Einlass, die andere den Toten. „Mein Gedächtnis“, lässt Sallenave den Ich-Erzähler ihres Romans sagen, „gleicht den Häusern von Gubbio, manchmal jedoch verwechselt es die beiden Türen.“ Und in weiterer Folge reflektiert der Erzähler: „Die Aufgabe meiner selbst, dessen Gedächtnis sich aus dem der anderen speist, ist es, die Karte dieser (Erinnerungs-)Verläufe, dieser unterbrochenen Entwürfe zu zeichnen. (...) Ich bin nicht die Quelle dieser Berichte: ich bin ihr Zusammenfluss. Ich ergreife nicht das Wort, ich erteile es.“ Im imaginären Haus des Erzählers begegnen und vermischen sich also die verschiedenen Stimmen: Lebende und Tote, Erlebtes und Imaginiertes, Realität und Traum, Vergangenheit und Gegenwart, Bewusstes und Unbewusstes. Der Erzähler selbst sieht sich in der Rolle des Archivars, der durch seine Arbeit die Welt vor ihrem Verschwinden ...