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Nation: | Ukraine |
von Christine Engel
Stand: 15.03.2023
In seiner Erzählprosa versucht Kurkov, die kollektive Disposition seiner Landsleute auszuloten. In seinen frühen Romanen stellt er sich die Frage, wie der Sowjetmensch tickt, beziehungsweise inwiefern das Sowjetische in der Gesellschaft des jungen ukrainischen Staates immer noch nachwirkt. Dem Persönlichkeitstypus des sovok, der „ferngesteuert“ ohne Eigeninitiative auf Direktiven wartet oder strenggläubig einer ideologischen Vorschrift folgt, setzt er implizit das Ideal des citoyen entgegen – den Bildungsbürger, der sich für das Gemeinwohl engagiert und an der Gestaltung des Gemeinwillens mitwirkt. Die Abweichungen von diesem Ideal bilden in Kurkovs literarischen Werken eine nicht enden wollende Quelle von Abstrusitäten, die er mithilfe distanzierender, oft ironischer Verfahren aller Art darstellt.
In den 1990er Jahren arbeitete Kurkov an seiner umfangreichen Trilogie „Geografie eines einzelnen Schusses“ (2000). Seine Figuren müssen mit absurden planwirtschaftlichen Vorgaben umgehen und sind der oft schmerzhaften, ja tödlichen Diskrepanz zwischen Utopie und Realität ausgesetzt. Beginnend mit Szenen aus der Zeit des Aufbaus der Sowjetunion in den 1920er Jahren und dem Stalinterror in den 1930ern in „Der wahrhaftige Volkskontrolleur“ (Band 1), setzt der Autor seine Erzählung chronologisch mit „Der unbeugsame Papagei“ (Band 2) im ...