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Nation: | Russland |
von Norbert Franz
Stand: 01.06.2003
Vieles am künstlerischen Werdegang Voznesenskijs, einzelne Passagen seines Werks, vor allem die Rezeption in Ost und West sind nur auf dem Hintergrund der kulturpolitischen Entwicklung der Sowjetunion verständlich.
Seit die Parteiführung kurz nach Stalins Tod (März 1953) Versäumnisse und Fehler der politischen Führung eingestanden hatte, regten sich unter den Literaten Kräfte, die sogenannten Liberalen, die das bis dahin praktizierte Leugnen tiefgreifender Konflikte in der Literatur als „Schönfärberei der Wirklichkeit“ bezeichneten und – vor allem inhaltlich – eine Abkehr von der Literatur der Stalinzeit propagierten. Diese nach dem Titel eines Kurzromans von I. Ėrenburg als „Ottepelʼ“ (Tauwetter) bezeichnete Bewegung vollzog sich – dem politischen Kurs des XX. und XXII. Parteikongresses (1956 und 1961) folgend – in mehreren Schüben, immer wieder von den ,Liberalen‘ vorangetrieben und den ,Orthodoxen‘ gebremst, wobei die nicht nur in literaturpolitischen Fragen launenhafte Persönlichkeit Chruščevs bei der Stärkung oder Schwächung der Lager eine wichtige Rolle spielte. Die exponiertesten Vertreter der ,Liberalen‘ entstammten wie etwa A. Tvardovskij (Jg. 1910), V. Kaverin (Jg. 1902) und I. Ėrenburg (Jg. 1891) der älteren Generation. Ihnen schloss sich eine Gruppierung ...