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Nation: | Tansania |
von Manfred Loimeier
Stand: 15.02.2022
Das literarische Werk von Abdulrazak Gurnah steht für ein Leben zwischen den Welten: Einerseits die Herkunftskulturen von der Küste Tansanias am Indischen Ozean sowie insbesondere die kulturelle Mischung auf der Insel Sansibar mit ihrer arabisch-, indisch- sowie afrikanischstämmigen Bevölkerung, andererseits die Zielkulturen Europas, genauer Großbritanniens. Aufbruch, Exil, Migration und die Tiefen der Fremdheitserfahrung und Heimatlosigkeit sind die Themen, die jeden von Gurnahs Romanen prägen. Dabei interessieren Gurnah weniger die äußeren Schwierigkeiten, Gefahren und Hürden, die Migranten auf sich nehmen und zu überwinden haben, sondern die damit verbundenen inneren, persönlichen und individuellen Konflikte: Gefühle von Verlust und Schuld, von Entwurzelung und Anpassungshemmnissen, Einsamkeit, Diskriminierung und Ausgrenzung, Sehnsucht und dem Wunsch nach einem familiären Zuhause – es geht um die innere Befindlichkeit der Betroffenen. Das heißt auch, dass Migration nicht mit der Ankunft an einem Zielort abgeschlossen ist, sondern einen langen Prozess der Integration oder Assimilation bedeutet, der sich über Generationen erstrecken und dabei immer wieder verschieden verlaufen und bewertet werden kann. Gurnah vermeidet dabei die Dichotomie des klassischen Nord-Süd-Klischees und lotet Verantwortlichkeiten und Versagen auf individueller Ebene unabhängig von der kulturellen Herkunft ...