Geburtstag: | |
Nation: | Großbritannien |
von Sandra Dinter
Stand: 15.05.2018
Ali Smiths experimentelle Prosa ist schon lange nicht mehr nur dem britischen Publikum bekannt. Ihre drei Nominierungen für den renommierten Man Booker Prize (2001 für „Im Hotel“, 2005 für „Die Zufällige“ und 2014 für „Beides sein“) und zahlreiche andere Auszeichnungen sorgten dafür, dass ihre Romane und Kurzgeschichten in Europa und Nordamerika gelesen werden. Auf Klappentexten, in Rezensionen und in literaturwissenschaftlichen Beiträgen wird Smith seit geraumer Zeit als Nachfolgerin Virginia Woolfs gehandelt. Der Vergleich zu der größten weiblichen Ikone des britischen Modernismus könnte treffender nicht sein. Beide Schriftstellerinnen verbindet die Vorliebe für multiperspektivisches Erzählen und ein fulminantes Talent für den Gebrauch der erlebten Rede. Wie auch bei Woolf gibt es bei Smith nie die eine feste und gegebene Realität; vielmehr wird diese als das Resultat einer bestimmten Perspektive entworfen, die immer wieder durch weitere Blickwinkel ergänzt, relativiert oder gar völlig gebrochen wird. Ein typischer Ali-Smith-Roman wechselt von Kapitel zu Kapitel konsequent, wenn nicht gar kategorisch, Erzählperspektive und Fokalisierungsinstanz. Auch lineare Zeitstrukturen sucht man bei Smith meist vergebens. Ihre Romane spielen formal-ästhetisch mit der Idee der Gleichzeitigkeit; Handlungen in der Vergangenheit und Gegenwart ...